I WAS KANN MUSIK (SEIN)?
Ben Lunn Musik von Allen für Alle – Ein Überblick zur Musik und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
Sandris Murins Interviews mit Komponist*innen mit Behinderung – Teil 1 mit Carlie Schoonees, Jānis Petraškevics, Benjamin Staern, Ailís Ní Ríain, Marco Donnarumma und Georgia Scott
Hanna Grześkiewicz & Julian Rieken Was hat das mit Musik zu tun? – Aktivismus ästhetisch denken
Iuliia Bentia Diversität in allen möglichen Registern erklingen lassen – Ein Interview mit Katja Suglobina
Bastian Zimmermann Metal als diskursive Kunstform – Ein Interview mit Haela Ravenna Hunt-Hendrix
Marat Ingeldeev Einen Zustand der Ambivalenz schaffen – Ein Interview mit Neil Luck
II SPECIAL
Neue Instrumente – anders spielen
III POSITIONEN
Philipp Ewell; Heroines of Sound, Berlin; Maerzmusik, Berlin; Darmstädter Ferienkurse; Anthony Braxton; Suntory Hall Summer Festival, Tokio; Nebala; July Weber; Sunn O))), München; Ayjay Nils; Georg Friedrich Haas, Bozen; Gregor Hildebrandt, Prag; Ostrava Days; Atonal; Florentina Holzinger, Berlin; Nico Sauer; Rümlingen »Finisterre«, Tessin; Novoflot; gamut inc.; Transart, Südtirol
Was alles kann Musik sein? Diese Frage kam im Gespräch mit den beiden Autor*innen und Kurator*innen Hanna Grześkiewicz und Julian Rieken auf. Was sind die ästhetischen und praktischen Spielräume und was können wir als Profis der Szenen tun, um diese zu erweitern – von werkimmanenten Dispositionen und Reflexionen bis hin zum Aktivismus? Und die zeitgenössische Musik ist tatsächlich prädestiniert diese Fragen zu stellen, da alles zur Diskussion steht … stehen kann, zumindest. Man spricht immer über die Erweiterung der Künste, aber müssen die Künste immer expandiert werden? Geht es nicht darum, vielleicht das, was schon da ist, sichtbar zu machen und die eigenen Prämissen zu reflektieren und zu realisieren? Daher haben wir zusammen mit Sandris Murins, mit dem wir auch schon für das Geldthema in Heft #134 kooperiert haben, einen Themenschwerpunkt zum Disability/Ability-Diskurs entworfen. Wann leistet die zeitgenössische Musik etwas Neues, nicht nur musikalisch oder konzeptuell, sondern auch was Produktionsweisen, Infrastrukturen und dergleichen angeht? Ist die zeitgenössische Musik darin wirklich demokratisch, offen, zugänglich?
Der Komponist Ben Lunn hat hierfür einen Überblicksartikel verfasst, der die Geschichte von Behinderung und Musik aufreißt und insbesondere neuere, inklusive Projekte in den Blick nimmt. Seit etwas über 30 Jahren gibt es nun u. a. die EU-Richtlinie, die die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung untersagt. Praktisch macht es aber mehr Sinn, weniger von einer klaren Behinderung einer Person und der dadurch folgenden Stigmatisierung auszugehen, als vielmehr in Kontinuitäten und Graden zu denken, in der Arbeit wie im Leben – auch ästhetisch. Murins hat hierzu als Co-Redakteur des Hefts insgesamt 12 Komponist*innen und Musiker*innen mit einer Behinderung interviewt – die ersten sechs finden sich mit Carlie Schoonees, Jānis Petraškevics, Benjamin Staern, Ailís Ní Ríain, Marco Donnarumma und Georgia Scott in diesem Heft. Hanna Grześkiewicz und Julian Rieken fragen schließlich in ihrem Essay nach der Rolle von Aktivismus in der Musik.
Iuliia Bentia hat die Komponistin Katja Suglobina zu einem ihrer letzten ›Opernprojekte‹ mit inklusivem Cast interviewt. Bastian Zimmermann spricht mit der Komponistin und Musikerin Haela Ravenna Hunt-Hendrix über Metal als eine diskursive Kunstform, in der alle Parameter der Kunstmusik auf das Metalgenre appliziert werden, und der Komponist und Musiker Neil Luck erzählt Marat Ingeldeev von seinem Zugang zur Arbeit mit Amateuren in vielfältigsten Kunstkontexten – nicht nur Musik! So unterschiedlich die Interviews sind, in allen dreien geht es um die Reflektion des Verhältnisses von Musik, seinen Genres und der konkreten Arbeit daran, eben: Was kann Musik sein?
Weiter findet sich im Heft verteilt eine Bildstrecke mit Musikinstrumenten, die auch von Menschen mit Behinderungen gespielt werden können. Dank geht an Pete Sparks von der wohltätigen Stiftung Drake Music Scotland, die sich seit 1997 erfolgreich um inklusiv-musikalische Belange kümmert, sowie Ruud van der Wel vom Unternehmen My Breath My Music in den Niederlanden.
Wir wünschen viel Spaß und Anregung beim Lesen des Heft #137!
Bastian Zimmermann & Andreas Engström