Quarterly Rituals

Christoph Haffter   Strategischer Obskurantismus

Thomas Groetz   Wohin soll ich mich wenden…

Dagmara Genda   Die Falte spielen

Colin Lang   Vergrabene Maßnahmen

Andra Amber Nikolayi   Von Sâmbăta Sonoră zu Semi Silent

SPECIAL: CODE OF SILENCE

Friederike Kenneweg   Zeitabdrücke

Anneliese Ostertag   Die Performativität des Zuhörens / Der Kodex der Stille

Irene Lehmann   Dem Zuhören zusehen

POSITIONEN

Kirsten Reese; Memories in Music; Wiener Festwochen; Sara Glojnarić; We Can Be Heroes; Mühlenbecker Klanglandschaften; sonotopia; Heroines of Sound; Tino Sehgal; Unsafe + Sounds; Dara String Festival; Labor Sonor: Translating Spaces; Sonambiente Berlin TXL; Aggregate Festival; Stewart Copeland & Jonathan Moore; KNM Contemporaries; Sarvenaz Safari; Ludified + Musik als Spiel – Spiel als Musik; Inexhaustible Editions; Mara Winter

EDITORIAL

Es gibt eine große Sehnsucht – in der Gesellschaft, in der Kunst und auch im Bereich der zeitgenössischen Musik – wegzukommen von einer verwalteten Existenz, die sich stetig um die Selbstoptimierung und Reflektion bemüht. Und es verstehen immer mehr Protagonist*innen, dass dies auch mit einer Kommodifizierung der Kunst selbst einhergeht. Was ist die Neue Musik? Wer steckt den Rahmen ab? Sind es immer die Kompositionsaufträge, die das Qualitäts-Siegel versprechen? Was wäre mit einem »Bio-Siegel«? Was ist die andere Seite der Produktion und künstlerischen Inhalte, die anstrebenswert wäre? Neue, regelmäßige Rituale, wie wir es als Heft eins sind? Es gibt verschiedene Strategien zur Kreierung eines neuen Musiktempels. Christoph Haffter diskutiert zur Eröffnung kritisch den Einlass von spirituellen Ritualen in der Gegenwartskunst und -musik. Thomas Groetz schaut in die musikalische Vergangenheit und fragt nach einer Re-Spiritualisierung musikalischen Schaffens heute. Dagmara Genda nimmt sich ein Format des rituellen Texts vor – die Partitur und ihre produktive Faltung durch den Künstler William Engelen, mit Parallelbetrachtungen zu der Künstlerin Dorothea Rockburne und einem Film von Mauricio Kagel. Colin Lang nimmt sich dem wohl zeitgenössischsten Musiktempel dieser Tage an – der Installation Bergama Stereo von Cevdet Erek, die in Referenz auf den fast 2000 Jahre alten Pergamonaltar entstanden ist. Eine Lehrstunde in musealer Dekolonisierung und Re-Ritualisierung. Andra Amber Nikolayi beschließt die Haupttexte mit einem spannenden Einblick in die Musikszene in Bukarest seit den 2000er-Jahren, der Erschaffung von Orten und Szenen insbesondere am Beispiel des Festivals Sâmbăta Sonoră.

Auch von einer Re-Ritualisierung erzählt das diesmalige Special. Während der Pandemie feierte das Berliner Splitter Orchester sein zehnjähriges Bestehen mit der dreiteiligen Reihe Code of Silence. Wir haben die Autorinnen Friederike Kenneweg, Irene Lehmann und Anneliese Ostertag eingeladen, diesen Abenden beizuwohnen und textlich darauf zu reagieren. Wie immer inmitten des Hefts, zwischen dem Hauptteil und den Positionen platziert, hat das Special diesmal einen besonderen Stellenwert: Die Texte greifen zwei unserer Leitfäden auf – das Essayformat zu untersuchen und neue Formen für Kritik zu entwickeln.

Die »Positionen« haben diesmal einen Schwerpunkt in Richtung von Festivals und anderen Live-Events. In den vergangenen Monaten sind viele Live-Veranstaltungen zusammengekommen, was sicher dem »Neustart« geschuldet ist und ihn darin huldigt.

Wir freuen uns, wenn ihr zu einer unserer Heftrelease-Partys Ende des Jahres vorbeischaut und wünschen viel Spaß und Anregung beim Lesen des Hefts #129!

Bastian Zimmermann & Andreas Engström